sicht-wechsel

Dienstag, 30. August 2011

Was hast du denn da eigentlich geglaubt, Alter? Das war doch alles nur ein einziger Märchenpark!

Am 21.8. ist der erste Todestag von Christoph Schlingensief.
Vielleicht mal als Alternativtext zu den neuesten Wasserstandsmeldungen der Deutschen Bischofskonferenz, die alle irgendwie nur Richtung Süden zeigen....

http://www.schlingensief.com/weblog/?p=553

Donnerstag, 25. August 2011

Wie einmal ein Bischof gegen Windmühlen kämpfte, die gar keine waren

Ein durchschnittlicher Fernsehzuschauer hat wenig Gelegenheit, Herrn Dr. Michael Schmidt-Salomon, meistens lächelnd-selbstbewusst, nach eigener Auskunft freischaffender Philosoph/Schriftsteller, zu entgehen. Schließlich erklärt er auf seiner Homepage selbst, „häufig in Presse, Funk und Fernsehen vertreten“ zu sein, was vielleicht auch schon etwas über seine Qualitäten aussagen mag.
Dr. Michael Schmidt-Salomon schreibt Bücher (was nicht verwunderlich ist). Er schreibt sogar Kinderbücher über ein Ferkel: Irgendwann taucht in diesem laut Humanistischem Pressedienst „liebevoll illustrierten Buch“ ein wohlgenährt-rundlicher Klischeebischof auf, wie er auch in einer etwas flachen bayerischen Bierwerbung erscheinen könnte, und erklärt mit ziemlich banalen Versatzstückchen dem Ferkel und einem Igel, wie schräg der Kreuzestod Jesu ist. Am Ende hat das Ferkel eingesehen, wie schön ein Leben ohne Gott ist. Quintessenz: „Ein Heidenspaß für alle, die sich nichts vormachen lassen wollen.“ So weit, so schwach.

Herrn Dr. Schmidt-Salomon hätte in seinem Leben vermutlich nichts Besseres passieren können, als dass Herr Bischof Dr. Müller aus Regensburg ein bisschen in seinen Büchern und Büchlein liest. Eigentlich könnte das bestenfalls den einen oder die andere zu der flapsigen Äußerung motivieren, wofür ein Bischof alles Zeit hat (wovon ich mich selbstverständlich in aller Form distanziere).

Kurz und schlecht: Der Bischof hat nicht richtig gelesen. Oder ihm wurde falsch Gelesenes sozusagen als Appetithäppchen fürs rustikale Predigen vorgesetzt. Jedenfalls: Herr Dr. Schmidt-Salomon wurde sinnverkehrt wiedergegeben. Herr Dr. Schmidt-Salomon fordert eine Unterlassungserklärung, die selbstredend unter der Würde eines g’standenen bayerischen Bischofs ist, und dieser zieht von Gericht zu Gericht, weil er seine Freiheit als Prediger und Bischof bedroht sieht und atheistische Zensur wittert. All das endet nach drei Jahren in der schlichten richterlichen Feststellung, dass „die religiöse Äußerungsfreiheit, auch soweit es um eine Predigt geht, keinen absoluten Vorrang vor den Belangen des Persönlichkeits- und Ehrenschutzes genießt“. Schluss und Amen. Und nicht nur ein bisschen peinlich für den Bischof, der sich dem Vernehmen nach noch längst nicht geschlagen geben möchte.

Das alles erinnert mich irgendwie an eine spanische Romanfigur, die kämpfend von Windmühle zu Windmühle eilt. Wobei natürlich jeder Vergleich hinkt. Denn bei den Verlautbarungen des Herrn Dr. Schmidt-Salomon handelt es sich höchstens um ein Windchen, oder, noch genauer gesagt, um Winde, möglicherweise von gewisser Natur, welch selbige erst der forsch-streitende Bischof zu kräftigen Windmühlen geadelt hat.

Für Herrn Dr. Schmidt-Salomon freilich hätte schon ein Satz von Chesterton gereicht: Ein Atheist „mit all der deprimierenden Eintönigkeit der Aussichten“.

Aber wer weiß: Vielleicht bekehrt Herr Dr. Schmidt-Salomon sich noch: Denn nur weil es Gott gibt, gibt es diesen Bischof. Nur weil es diesen Bischof gibt, gibt es schöne, öffentlichkeitswirksame Prozesse und Werbung für die Büchlein. Dafür sollte er doch dankbar sein. Denn war wäre Herr Dr. Schmidt-Salomon ohne Gott, auch wenn er „nur“ gegen ihn zu Felde zieht?

Nichts.

Amen.

Mittwoch, 24. August 2011

Kleiner rosa Schmetterling

Polen, die Wiege des römisch-marianisch-pontifexmaximus'schen Katholizismus, ist aufgebracht. Der Grund: Ein Schmetterling. Dazu noch in rosa. So jedenfalls verkleidet bereicherte Pawel Hanjcel, nach eigenen Angaben ein Performance-Künstler, die Fronleichnamsprozession der Dompfarrei in Lodz (älteren Leserinnen noch bekannt als „Theo, wir fahrn nach L.). Auf Youtube kann man nachschauen, wie ein Priester im vollen Ornat Hanjcel verjagt – der Film wurde inzwischen in Polen zum Hit.
Der Dompropst ließ sich nicht lange bitten: Er zeigte Hanjcel an: Herabsetzung der religiösen Gefühle der Gläubigen. Hanjcel dagegen selbstbewusst: „Ja, ich habe mich verkleidet. Die Priester tun das ja auch. Ich habe mich halt für das Gewand eines Schmetterlings und gegen eine Soutane entschieden.“

Inzwischen ist das alles ein mittelprächtiges Politikum. Die Kirche ruft nach dem Staat, der sie doch bitteschön schützen möge vor solchen gottlosen Subjekten, andere wiederum lachen sich ins Fäustchen, dass die Opposition gegen die immer konservativer agierende Kirchenleitung offenbar Früchte trägt.

Mir fiel das schöne Liedchen einer Dame namens Manuela Mahler ein, welches sicherlich, vom Propst und vom Künstler gemeinsam gesungen, dazu beitragen könnte, der Eskalation ein wenig Einhalt zu gebieten  …

Was hast du bloß, was machst du bloß,
was flatterst du so rum.
Du kennst doch alle Blüten, die es gibt.
Nun, setzt dich mal, und sag mir mal,
was treibt dich denn so um,
du hast doch an den meisten schon genippt...

Sei nicht dumm, flatter nicht rum:
kleiner bunter Schmetterling.
Das Rumgeflatter macht dich noch ganz krank,
oooohhhhh
Bleib doch sitzen wo du bist,
weil´s für dich viel besser ist,
wenn dich hier bei mir, hier bei mir
die Sonne küsst

… und schlage des Weiteren vor, Pawel möge als Zeichen des guten Willens bei der nächsten Aktion wenigstens auf das rosa zu verzichten, denn das ist schließlich den Priestern vorbehalten, und zwar an Laetare und Gaudete.

Bei 1:40 sieht man übrigens den ergrimmten Priester



Dienstag, 16. August 2011

Von einer kleinen Spitze eines kleinen Eisbergs, publikumswirksam plaziert


Man mag darüber denken wir man möchte: Ein knapp 40jähriger Mann, der mit einer 16Jährigen eine Beziehung pflegt, von Liebe spricht und dabei zum Taschentuch greift. „Nichts ist vielfältiger als Liebe“ sagte schon Werner Bergengrün- einerseits – und andererseits gehört Liebe zu den inflationär gebrauchten Begriffen. Ganz am Rande bemerkt sollte nicht vergessen werden, dass der Überarbeitung des Jugendsexualstafrechts auch die Überlegung zugrunde lag, die sexuelle Selbstbestimmung der Jugendlichen zu stärken. Auch darüber mag man zu Recht unterschiedlicher Meinung sein, und auch darüber, wer wann wem und wie auf diesem Gebiet Nachhilfe geben muss und geben darf. Aber das nur als Vorspann.

Tausendmal spannender als das, was da passiert geschehen ist, ist, mit welcher aufgedrehten und verlogenen Bigotterie sich die Medien die Mäuler darüber zerreißen; wie sie alle Hebel in Bewegung setzen, um noch so private Details aus dem Leben eines unverheirateten 40jährigen Mannes an die Öffentlichkeit zerren. Die Phantasien sind offenbar genauso vielfältig wie das Privatleben der forschenden Journalisten (manche gefüttert von sogenannten Parteifreunden). Diese, marktgesteuert, schreiben auch nur das, was Anton und Emma und Yvonne und Kevin nebst derzeitigem Lebensgefährten oder derzeitiger Lebensgefährtin gerne lesen, möglichst nicht zu viel, denn Lesen ist dem fernsehgeschulten Auge ohnehin eine Zumutung. Da feiert dann die bigotte Doppelwelt fröhliche Urständ: Einerseits ziehen sie sich nachmittags mitsamt ihren Kindern die schrägsten Talkshows rein, wo Amateurschauspieler abartige Phantasien bedienen, abends sitzen Papa und wohl auch Mama am Computer und vergnügen sich an allen möglichen und unmöglichen Seiten (deren Adressen der brave Nachwuchs im Browserverlauf vergessen hat zu löschen), und andererseits empören sie sich mit aller verfügbaren Inbrunst über Schmuddeligkeiten von Politikern und Co.
Kinderschänder gehören schon bei der kleinsten Vermutung zumindest umgebracht, am besten zentimeterweise. Politiker sind automatisch moralische Ferkel und Selbstbediener (klar, dass man über eine masochistische Ader verfügen muss, um dieser Tätigkeit noch nachzugehen). Dafür geht Papa hin und wieder in die halböffentliche Vollzugsbox zu Rumäninnen, die für ihren Zuhälter für 5 € pro Stunde arbeiten. Abtreibung ist schon seit Jahren kein Thema mehr, und wer sich darüber aufregt, wohnt weit hinter dem Mond. Ganz zu schweigen von „Eine-Welt-Themen“ einschließlich millionenfach verhungernder Kinder, die bei keinem mehr auch nur für den Anflug einer moralischen Entrüstung sorgen. Das, was das schöne Wort Verhältnismäßigkeit bezeichnet, ist inzwischen nicht einmal mehr ein Fremdwort. Der Herr von Boetticher ist wenn überhaupt nur eine kleine Spitze eines kleinen Eisbergs. Die großen übersieht man lieber. Denn die könnten Arbeit machen. Wünschen wir dem nächsten Kandidaten für das Amt des Ministerpräsidenten, dass er ein dickeres Fell hat oder besser kaschieren kann. Viel Vergnügen!

Freitag, 5. August 2011

Die Schieetzen schwieetzen

Sieht geschrieben schwieriger aus als gesprochen, gesprochen nämlich von einer älteren, liebenswerten, inzwischen im Himmel weilenden Dame mit schlesischem Akzent, als bei strahlender Sonne und 35 Grad im Schatten die Schützen der örtlichen Gilde durch die Straßen zogen.

Aber in diesem Jahr brauchen die Schützen zum Schwitzen keine 35 Grad mehr. Inzwischen schwitzen sie auch bei diesem Wetter aus allen Poren. Vor Ort kann der Schützenkönig unbeschadet seiner sexuellen Orientierung Mitglied im Verein sein, unbeschadet seiner sexuellen Orientierung darf er auch auf den Vogel schießen, und, hat er ihn erledigt, ebenso unbeschadet seiner sexuellen Orientierung König werden. Zur wahrhaften Krönung seines Königtums kann er zudem, sofern vorhanden, seinen privaten Herzenskönig zum König bzw. zur Königin machen. Alles kein Problem, soviel Toleranz muss sein, auch bei Traditionsvereinen wie den Schützen in all ihren Erscheinungsformen.

Es wäre alles auch nicht weiter schlimm (weil eben nur lokal öffentlich), wenn da nicht ein Landesbezirks-Königsschießen in Horstmar und ein Bundeskönigsschießen in Harsewinkel anstünden. Denn da geht’s nicht mehr: König und König(in): Bitte hintereinander, nicht mehr nebeneinander. Damit soll dann demonstriert werden, dass das Sakrament der Ehe einen ungleich höheren Stellenwert hat als Lebenspartnerschaften. (Nebeneinander sitzen dürfen sie. Wie es beim Tanzen ist, ist meines Wissens nicht geregelt. Küsschen werden aber vermutlich zu unterlassen sein.)

Denn irgendwo ist, bei aller Toleranz, nur wirklich Schluss!

Unbestätigten Angabe zufolge werden aber auch heterosexuelle Teilnehmer des Schützenumzugs im Königs- und Königinnenrang jetzt auf ihre Würdigung des Sakraments der Ehe sorgfältiger geprüft.
Geschieden?
Zweitehe?
Guter Leumund?
Künstliche Empfängnismethoden praktiziert?
Zudem soll die Menge des ausgeschenkten Biers, was bekanntlicher Weise  hin und wieder zu leichten Enthemmungserscheinungen führen mag, rationalisiert werden, um nicht unziemlichem Treiben Vorschub zu leisten.

Da werden die Schützen aber schwitzen! Wir aber sind ihnen zu großem Dank verpflichtet. Denn durch ihre Mithilfe überlassen wir die Füllung des Sommerlochs nicht mehr dem schlappen Dax. Und Fußball, so richtig und gut für die Schlagzeilen, fängt ja auch erst heute Abend an. Wobei wir schon neugierig auf den Tag sind, wo sich ein Spielermann unter die Spielerfrauen mischen wird. Und wir fürchten, dass im Vergleich zu dem, was dann geschieht, unsere schwitzenden Schützen nur ein schlapper Vorgeschmack sein werden

In diesem Sinne: Gut Schuss!

Mittwoch, 3. August 2011

Ich weiss was

Wer kennt sie nicht? Die lieben Mitschüler und Mitschülerinnen, die mit ernstem Blick den Zeigefinger erhoben und vermeldeten „ich weiss was“. Oder in der Pause die Nähe der Lehrerin suchten, um ihre - manchmal mit Pikanterien angereicherten - Informationen gut zu platzieren.

Um nun ja kein Missverständnis aufkommen zu lassen: Nur an meinen manchmal verwinkelten Assoziationen liegt es, wenn diese Erinnerung in mir aufsteigt, während ich an, sagen wir mal, "klerikale Dienstleister" denke, die mit höchster Sorgfalt und in gefühltem Auftrag des hl. Vaters ihre Ortskleriker begutachten: Hier das Vater - Unser ohne Unterbrechung gebetet, dort die hl. Kommunion wider die liturgische Ordnung zuerst den Gläubigen gespendet und dergleichen mehr, gerne dem zuständigen Bischof gekündet (und wenn der nicht innerhalb von einer Woche persönlich schreibt, dass er sich der Unarten annimmt), auch schon mal an Berlin („also wirklich, dat schreib ich jetz an de nutiatur“).

Nun pflegt man besonders in kleineren Dingen äußerst sorgfältig zu sein und würdigt solche Eingaben mit angemessenster Sorgfalt, was leider zur Folge hatte, dass gemäß Koh 12,12 eine gewisse Arbeitsüberlastung eintrat. Dabei würde es doch schon manchmal reichen, wenn man egal ob in Rom oder Münster oder Paderborn den flinken Schreiberinnen und Schreibern einen netten Gruß zukommen lässt mit dem Hinweis, man habe ihre geschätzte Eingabe an den angeblich Übeltuenden weitergeleitet – und man möge sich doch in Zukunft freundlichst an selbigen direkt wenden.

Doch wo die Not am Größten ist, naht das rettende Ufer (auch wenn es oft nur eine kleine Insel ist). So werden die Kleriker (Hirten) seit ein paar Wochen gewürdigt, ähnlich wie Ärzte, Juristen, Lehrer etc. der internetöffentlichen Beurteilung teilhaftig zu werden, was natürlich eine gewisse Ortskenntnis voraussetzt (ach, Sie sind der neue Pfarrer - nein, ich bin schon seit zehn Jahren hier).

Wie dem auch sei: Weil in diesem Internetforum die Kriterien höchst fraglich sind,  plant, wie immer unbestätigten Angaben zufolge,  die DBK eine Zertifizierung zumindest der Predigten nach folgender Formel:





a = Dauer der Predigt in Minuten
b = Zahl der Eingeschlafenen in den letzten sechs Predigten
c = Romfaktor in Punkten der letzten drei Predigten
d = nachgewiesene dogmatische Unsauberkeiten

PS: Der „Romfaktor“:

  • Die Unfehlbarkeit des Papstes nachdrücklich in Erinnerung gerufen: 3 Punkte. 
  • Wiederverheiratet Geschiedene gemahnt, nur geistlich zu kommunizieren: 3 Punkte. 
  • Gegen das Frauenpriestertum gepredigt: 3 Punkte 
  • Gegen künstliche Verhütung gepredigt: 2 Punkte. 
  • Zur monatlichen Beichte aufgerufen: 2 Punkte. 
  • Gegen gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften Stellung bezogen 1 Punkt 
  • Zur verstärkten Verehrung des Pfarrers von Ars gemahnt: 1 Punkt. 
  • Den Untergang des christlichen Abendlandes an ausgewählten Beispielen verdeutlicht 1 Punkt
(wird fortgesetzt)