Es sind nicht nur die großen Rätsel der Menschheit, die uns schlaflose Mittagsstunden bereiten. "Noch zu meinen Lebzeiten" hat er gesagt, er, Robert Zollitsch, Erzbischof, Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz, und, was in diesem Zusammenhang wichtig ist, geboren 1938. "Noch zu meinen Lebzeiten"... Gemeint waren Reformen im Umgang mit wiederverheiratet Geschiedenen, welchen, man erinnere sich, bei der Mitfeier der hl. Messe nur die geistliche Kommunion gestattet ist, was in den meisten Pfarreien ebenso intensiv befolgt wird wie Jugendliche die gemäß immer noch gültigen Moral der katholischen Kirche sündig-verbotenen Freuden der Jugend beichten - trotz aller Bemühungen des jugendlichen Teil des Klerus, ihnen mit freundlichem Lächeln einerseits und andererseits schon über 100 km Luftlinie als Kleriker zu erkennen eine breite Brücke zur Amtskirche mit all ihren moralischen Segnungen und Weisungen bauen zu wollen.
Doch zurück zu den Lebzeiten des Erzbischof Dr. Zollitsch, dem wir, das sei jetzt hier ohne jede Einschränkung verkündet, noch ein langes, wirklich langes Leben wünschen - und dabei schon die Doppelbödigkeit seiner nur vordergründig so simplen Botschaft spüren. Lebt er lange, sehr lange, mag's noch dauern mit der offiziellen Veränderung der Einstellung. Lebt er nur noch kurz (was der Herr verhindern möge), mag sein prophetisches Wort vielleicht doch nicht in Erfüllung gehen - wir kennen sie ja, die römischen Mühlen, die nur ganz selten, subito santo, ganz schnell werden können (wir denken immer noch an eine Tagung, die Würzburger Synode genannt wurde und deren Anfragen von einem römischen Schreibtisch zum anderen wandern, wenn überhaupt).
Oder steht er bereits in der Tradition der hervorragenden Vertreter der Anfänge des Christentums, welche auch zu ihren Lebzeiten so manches erwarteten, was Kohorten fleißiger Exegeten auf den Plan rief, die uns erklärten, wie das gemeint war - nämlich auf keinen Fall "vertan, vertan"?
Rätsel über Rätsel. Es sei Erzbischof Dr. Zollitsch gedankt, dass er im Blick auf die übersichtlicher werdende Spanne seiner irdischen Lebenszeit zur Eile mahnt, damit der Problematik der wiederverheiratet Geschiedenen nicht das gleiche Schicksal widerfährt wie die für kirchliche Verhältnisse relativ zeitnahe Rehabilitierung Galileo Galileis oder die freundliche Erlaubnis weiblicher Messdiener. Wir erinnern uns (aber nur schwach).
Oder wollte Zollitsch, verschmitzt wie er manchmal ist, uns nur eines signalisieren: Dass seine Lebenszeit im gut christlichen Sinn nie enden wird (nur gewandelt, neu geschaffen)?
Dann freilich beherrscht er perfekt die hohe Kunst kirchlicher Diplomatie: Die harte Wahrheit in eine gefällige Verpackung stecken.
Egal.
Er lebe lang, lang, lang!
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