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Samstag, 12. November 2011

Ciao Ciao Cavaliere

Die Freudenfeuerwerke sind schon startbereit. Bald wird es so sein, wenn er nicht noch im letzten Augenblick die silviosche Pirouette mit doppeltem Salto rückwärts einlegt. Silvio Berlusconi wird sich ganz seinem reichen, vielfältigen Privatleben hingeben können. 17 Jahre, selbstverständlich mit kleineren Unterbrechungen, stand er an der Spitze dieses wunderschönen Landes, verschrien, verhasst, verschmäht. Und doch immer wieder gewählt. Was man nicht vergessen sollte, wenn man jetzt meint, mit seinem Abgang seien die Pforten des Paradieses geöffnet.

Doch nein, wir werden nicht die Italiener dafür schmähen, dass sie ihm 17 Jahre immer wieder die Chance gaben, seine vielfältigen Fähigkeiten dem geneigten Publikum zu präsentieren. Denn die Italiener sind schlau.

Erstens: Der Cavaliere hat einen äußerst hohen Unterhaltungswert. Das ist heutzutage selten. Hier ein Skandal, da eine verbale Ferkelei, noch eine mentale Flatulenz. Wenn der Cavaliere auftrat, konnte man mit Recht was erwarten. Mehr jedenfalls als von trockenen Hosenanzügen, die auf eine alberne Blagenbande und oder einen bayerischen Dumpfhuber angewiesen sind.

Zweitens: Die Italiener wissen genau: Wenn nicht der, dann jemand anders. Der abgrundtiefe Spott eines einigermaßen gebildeten Italieners über die Politik als Marionettentheater der Wirtschaft wählt dann halt das unterhaltsamere Übel. Besser einen Dreckspatz mit Unterhaltungswert als einen Saubermann, der nur die Strippen versteckt, an denen er gezogen wird.

Drittens: Angesichts von vielen realexistierenden Männchen hatte der Cavaliere wenigstens ein bisschen was von einem richtigen Mann. Hat doch gerade erst der Sexualforscher Kurt Starke über den jungen Durchschnittsmann festgestellt, er habe so viele Berührungs-, Prestige- und Versagensängste, dass er lieber auf Sex verzichten würde.

Viertens, und hier wird es speziell katholisch und kirchenmäusisch: Die Italiener sind einiges gewöhnt und verfügen, zumindest was die Römer angeht, über eine Jahrtausend alte Erfahrung mit illustren Herrschern. In diesem Sinn ist der Cavaliere der wirkliche, wahrhafte und würdige Nachfolger der Renaissance-Päpste. Man sollte dieses Kollektivwissen nicht unterschätzen. Dieses sagt sich: Besser ein Lebemann als ein Trockenetwas.

Oh, ihr werdet alle noch spüren, was euch fehlen wird, wenn ihr erst einmal von einem trockenen Wirtschaftswissenschaftler regiert werdet, der den Wein nur in homöopathischen Dosen genießt, den Charme eines tugendsamen Trappistenmönchs versprüht und dessen Reden die Alternativen zum Einschlafrosenkranz sein werden. Deshalb, lieber Cavaliere: Ad multos annos, vielleicht doch noch im Gefängnis, auf jeden Fall aber von vielen zurzeitblonden, üppigbusigen Frauen umgeben!


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