sicht-wechsel

Montag, 30. Mai 2011

Oh happy day

Jeder Pfarrer, der etwas auf sich hält, freut sich auf die Erstkommunion, kommen an diesem hohen Feste doch alle seine Fähigkeiten so richtig zur Geltung und sind für ihn eine echte Herausforderung: Die Mütter und Väter, die trotz manchmal langwieriger Abstinenz in religiösen Fragen sich mit Hingabe und plötzlicher Fachkundigkeit in die liturgische Feier hineinknien, die Kinder, die nach intensiver Vorbereitung und - selbstverständlich inzwischen gut vertraut mit dem Ablauf der Messfeier - dem frommen Tag entgegeneilen, die Verwandten, die am Fest selbst mit der hohen Erwartung einer abwechslungsreichen, feierlichen (aber nicht zu feierlichen) wohldurchdachten, nicht zu langen und nicht zu kurzen, kurzweiligen und frommen Feier die Kirche besuchen, ach, lang würde die Liste der Erwartungen sein, die zu meistern einem anständigen Pfarrer zur höchsten Freude gereicht (vermutlich nur zu toppen noch durch die Feier der Konfirmation).

Doch zurück zum Thema: In der Tat erfordert dieses Fest, an dem die längst verloren geglaubte Volkskirche im Rahmen ihrer verbliebenen Möglichkeiten wie bei einer plötzlichen Auferstehung fröhliche Urständ feiert (ja, meine Herren Pastoralprofs: Todgesagte leben länger), ein Höchstmaß an liturgischem Einfühlungsvermögen und kühner Logistik, einen behänden Balanceakt im Umgang mit den Müttern und Vätern (bestimmend und zugleich diskussionsfreudig), liebevolles Einfühlen in die strapazierten und gespannten Kinderseelen und so manches mehr.

Dennoch - sollte die geneigte Leserin Ironie hindurchlesen - ist dieses Fest auch ein Quell wahrer Freude: Da war die Familie, die nicht zur Kirche kam, da die stressigen Vorbereitungen zu Hause einen pünktlichen Besuch des Gotteshauses unmöglich machten und die es vorzog, von den heimatlichen Gefilden direkt zum gedeckten Mittagstisch zu wechseln, da war das fromme Mädchen, das im Anflug eucharistischer Begeisterung die heilige Speise, ähnelnd den hochgestreckten Armen mancher Priester nach Verkündigung der Einsetzungsworte, stolz der frommen Gemeinde  zeigte, (auch dem lauernden Fotografen zur Freude), da war die junge Dame, die dem Empfang der Kommunion mit dem Satz quittierte: Schmeckt aber komisch, ach, da wäre noch so vieles, über das ich berichten oder auch besser nicht berichten könnte. Aber ich komme zur Quelle wahrer Freude: All diese Geschehnisse sind zum Teil schon 20 oder noch mehr Jahre her. Mag auch die Weisheit des von mir hoch verehrten Hans Conrad Zander im allgemeinen Geltung besitzen: "Wenn's einmal abwärts geht, gibt es nach unten keine Grenze", so gilt das für Erstkommunionfeiern ausdrücklich nicht, wenigstens kann ich keinen kontinuierlichen Niedergang der Frömmigkeit verstellen, es ist, salopp gesagt: Mal so, mal so. Das seit 25 Jahren. Für die Zukunft brauche ich auch keine Gabe hellseherischer Fähigkeit: Es wird auch die nächsten 25 Jahre so sein.

Und wenn alles mal so richtig daneben geht? Seit getrost, ihr Lieben: Nach 14 Tagen ist ohnehin alles vergessen.

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