sicht-wechsel

Montag, 28. März 2011

Da freuen sie sich aber....

die Grünen, dass sie endlich auch mal einen Ministerpräsidenten stellen dürfen, und noch mehr, dass sie jetzt scharenweise gewählt werden. Sie mögen sich nicht täuschen. Plötzliche Beliebtheit ist ein kurzes Vergnügen und eine tückische Angelegenheit. Wo kommen sie denn her, die neuen Wähler/innen? Frischbekehrte aus CDU und FDP, die alle, geschockt von Japan, jetzt jedes Atomkraftwerk lieber heute als morgen entnetzen möchten? Die jetzt meinen, die Grünen zaubern wie Phönix aus der Asche 100 % Öko aus der Tasche?
Pustekuchen. Die Massen jubeln genauso schnell wie sie einen in Grund und Boden verdammen. Kein AKW, natürlich keine surrenden Windkrafträder vor der Haustür, weil diese die Landschaft verunstalten, auch keine Sonnenkollektoren aufs Dach, da steht schon der Denkmalschutz vor der Tür, die Ökoeier sind auch viel zu teuer und dreimal im Jahr nach Malle und für den ach so dringenden Geschäftstermin von Frankfurt nach München fliegen, das will sich ja auch keiner nehmen lassen. Und bei 120 km/h Höchstgeschwindigkeit auf der Autobahn wähnt der freiheitsliebende Deutsche sofort die allermassivsten Einschnitte in seine Grundrechte, abgesehen davon, dass die Spritpreise auch nicht steigen dürfen und die Ölkonzerne jede Erhöhung gerne nach oben aufrunden.
Es gibt wohl nur eines: Einschränkungen. Einsparungen. Verzicht in vielerlei Hinsicht (ach ja, wir habens es bei Kirchens ja immer schon gesagt, aber nicht so laut und deutlich, weil die lieben Mitbrüder auch gerne schnell fahren - was hat man denn sonst noch vom Leben). 120 km/h Höchstgeschwindigkeit auf den Autobahn spart rund dreimal so viel Energie wie die neue Getreidesuppe an der Tanke.
Aber selbst das haben die Grünen zu Zeiten ihrer Regierung nicht geschafft. Na, dann viel Vergnügen beim Regieren. Und bitte merken: Man wird nur dann wiedergewählt, wenn man eine gute Bedürfnisbefriedigung gewährleistet - oder den Leuten das wenigstens einredet.

Freitag, 25. März 2011

Ist die Wahrheit so schlimm?

Sicherlich bin ich kein Freund des Herrn Ministers Brüderle noch der hinter ihm stehenden Organisationen, von denen die FDP sicherlich nur eine ist, und sicherlich würde ich eher bei einem Piuspater beichten gehen als Herrn Minister Brüderle glauben, dass er sich in Sachen Atomkraft vom Saulus zum Paulus bekehrt hat. Aber ich verstehe nun wirklich nicht mehr, warum sie jetzt alle auf's arme Brüderle so draufhauen: Zunächst verkünden Frau Bundeskanzlerin Merkel, Herr Nochministerpräsident Mappus und andere ihre Übernachtbekehrung in Sachen Atomkraft, und alle Welt (außer CDUler und FDPlern) unterstellt ihnen eine gewisse, dem Wahlkampf geschuldete Unreinheit der Motive. Dann rutscht dem armen Brüderle im erlauchten Kreis die Wahrheit raus, und alle schlagen drauf, der Herr Schnappauf muss sogar seinen Hut nehmen, und alle sind immer noch unzufrieden, weil nun die Wahrheit rausgekommen ist gem. Lk 12,3: "Deshalb wird man alles, was ihr im Dunkeln redet, am hellen Tag hören, und was ihr einander hinter verschlossenen Türen ins Ohr flüstert, das wird man auf den Dächern verkünden." (Merke: Die hl. Schrift gilt für alle Menschen, sogar für FDPler).

Ja, meine lieben Medien, Grünen, Linken, Sozialdemokraten und wer auch immer ihr seid, was wollt ihr denn? Erst draufhauen wg. vermutlich unlauterer Motive. Dann draufhauen wg. der Wahrheit. Ihr müsst euch schon entscheiden. Eine Schnellbekehrung - oh, würdet ihr euch ein wenig in der hl. Schrift und den Heiligenlegenden auskennen - gibt's wenn überhaupt doch nur in kirchlichen Milieus, und auch da viel seltener als man meint. Aber dass Frau Bundeskanzlerin Merkel und ihre Mannen sich über Nacht bekehren: Dass ihr das allen Ernstes geglaubt habt: So viel freundliches Wohlwollen traut nun wiederum euch keiner zu.

Mittwoch, 23. März 2011

Der fromme Protest

Man sagt den Westfalen, insbesondere den Münsterländern nach, dass sie über vielfältige Begabungen verfügen. Einfühlsamkeit in Menschen, mit denen in Kontakt zu treten ein besonderes Fingerspitzengefühl erfordert, sowie Kreativität gehörten bislang  nicht unbedingt dazu.

Ich habe meine Meinung gründlich geändert.

Protestbriefe? Werden, wenn überhaupt, von einer Sekretärin zur Aushilfe beantwortet.
Resolutionen? Deutet man inzwischen gerne als Zeichen der Krise.
Stummer Protest? Wegbleiben aus der Kirche? Dient als Beweis, dass die Kirchenkrise doch nur eine Form der Gotteskrise ist.

Wallfahrt ist das Zauberwort. So machten sich also 800 Wessumer und Wüllener (der geneigten Leserin: Diese beiden unbeugsamen Dörfer liegt bei Ahaus. Und Ahaus liegt bei Coesfeld, womit wir im Bereich eines eigenen Nummerschildes sind. Und Coesfeld liegt bei Münster. Und Münster liegt in Westfalen) auf den Weg nach Münster, um den 65. Todestag von Clemens August Kardinal Graf von Galen feierlich zu begehen. Im Dom angekommen, erflehten sie des Seligen Hilfe und Trost angesichts der Fusionspläne des Münsteraner Generalvikariats, welchselbige sie trotz allem Gehorsams dem Bischof gegenüber nicht als Beglückung und Segen, sondern als Gefahr und Bedrohung verstanden. Angesichts einer solchen rustikalen Frömmigkeit blieb ihnen der Segen des amtierenden Nachfolgers des Löwen von Münster nicht vorenthalten. Dieser, sicherlich erfreut über die frommen Wessumwüllener, wird unzweifelhaft die Menschen mit all ihren Anliegen, Sorgen und Wünschen gesegnet haben. Bleibt die Frage, ob, sollte es einen Wandel bei den Münsteranern Fusionsplänen für Wüllen & Wessum mit Ahaus geben, wir dieses als Wunder des seligen Löwen verbuchen dürfen.

Und bleibt die Frage, wann die berühmt-berüchtigten Theologieprofessoren und -professorinnen mit ihrem Memorandum nach Kevelaer, oder vielleicht nach Fatima pilgern, den Segen der Gottesmutter erflehend. Oder am besten gleich nach Lünen. Unsere Liebe Frau von  Altlünen, älteste Wallfahrtsstätte in unserem Bistum, ist sicherlich offen und hörbereit für dererlei Anliegen und Flehungen.

Geht doch

Ich verspreche: Das wird mein vorläufig letzter Beitrag zu diesem Thema sein. Wenn aber zumindest gerüchteweise der eine oder andere Bischof in Deutschland aus der Verbindung von Priesterberufung und Zölibatsversprechen eine dogmatische Einheit konstruiert und die Freistellung desgleichen a) als Hinweis für mangelnde Frömmigkeit und b) als untrügliches Zeichen des endgültigen Verfalls des christlichen Abendlandes deutet, sollte man mal hin und wieder auf andere Kollegen verweisen. Denn manchmal hilft das, was uns unsere Bischöfe immer und immer wieder empfehlen: Der Blick über den Tellerrand! Ich empfehle ihnen jedenfalls dasselbe.

Dienstag, 22. März 2011

Römische Kreativität

Es war einmal ein junger Theologieprofessor, der eigentlich immer gegen einen "freiwilligen" Zölibat war, der eigentlich immer ein treuer, 100 % Sachwalter der römischen Lehre war, ein Vorbild an Gehorsam und, wie gesagt, ein Verteidiger des Zölibats als der einem römisch-katholischen Priester (solange er kein bekehrter Angelikaner oder Lutheraner war) ausschließlich angemessenen Lebensform. So weit, so schön. Leider rutschte irgendwann, vermutlich unter Ausnutzung seiner Gutmütigkeit, sein Name unter den inzwischen sattsam bekannten Brief aus dem Jahr des Herrn 1970, vermutlich war's der böse Rahner. So weit, so gut, noch besser: Der Osservatore Romano hat's aufgedeckt. Schließlich war der Papst immer schon ein wahrhafter Verteidiger der römischen Lehre, ohne irgendwelche Jugendsünden.
Wir sollten die Sache dennoch irgendwie noch ein wenig offenlassen. Mir träumte, dass im Jahre des Herrn 2050 die zehn leitenden Pfarrer des Bistums Münster mit Bischof und den fünf Weihbischöfen sich versammeln,um die Lage im Bistum Münster zu beraten und die Gläubigen zum Gebet für Priesterberufe zu ermuntern. Im Rom ist inzwischen tatsächlich eine Kommission eingesetzt worden mit dem Ziel, Überlegungen zu erwägen, um die Zugangswege zum Priestertum zu überdenken. In diesem Zusammenhang wird dann einem der leitenden Pfarrer in den Sinn kommen, dass der damalige Papst Benedikt XVI solches in jungen Jahren doch auch schon mal erwogen habe und ihm eine prophetische Gabe zusprechen. Der Bischof wird diesem freundlich zustimmen und sagen: Er war seiner Zeit doch weit voraus, ein wahrhaft weitsichtiger Papst.

Sonntag, 20. März 2011

Der Bürgermeister und die beiden Joghurts

"Die Identität der Japaner ist die Selbstsucht. Es ist notwendig, diesen Tsunami als Chance zu nutzen, um die Japaner ein für alle Mal davon zu reinigen. Das war eine Strafe des Himmels." Der das gesagt hat, ist Bürgermeister von Tokio. Einen Tag darauf entschuldigt er sich: "Meine Bemerkung hat die Opfer und die Bürger Tokios verletzt. Ich entschuldige mich zutiefst." 
Aha. Montag so, Dienstag so. An welchen Gott, an welchen Himmel dieser Mann glaubt, kann man wenn überhaupt nur ahnen. Als Christ muss ich mit vielen offenen Fragen leben. Aber manchmal sind die Antworten doch einfacher als es zu sein scheint. Dass Generationen nach uns mit den Folgen leben müssen, wie verschwenderisch und egoistisch wir mit dieser Erde umgehen, weiß man nicht erst seit gestern. Aber manchmal geht es schneller als man denkt. Manchmal trifft es einen schon hier und heute. Ich weiß nicht, warum Japan heute, warum die Ukraine vor 25 Jahren getroffen wurde und warum nicht bei "uns" ein größerer Hubschrauber (natürlich völlig unvorhersehbar, absolut nicht einkalkulierbar) auf ein AKW gefallen ist und eine (natürlich wieder: völlig unvorhersehbare, absolut nicht einkalkulierbare) riesige Katastrophe ausgelöst hat. Ich fürchte nur: Wir werden immer noch nicht schlau. Energiesparen? Ressourcen schonen? Fremdwörter. Und dann muss ich an die knapp 160 cm große, vielleicht 65 kg schwere junge Dame denken, die eben mal beim Supermarkt vorfährt, aus ihrem BMW X5 hüpft (2,3 Tonnen Leergewicht, Verbrauch innerorts knapp 20 l auf 100 km), nach zwei Minuten mit zwei Joghurts (natürlich Bio) zurückkommt, wieder in ihr Auto hüpft, die 2,3 Tonnen plus 65 kg plus zwei Joghurts in Bewegung setzt und davon fährt.

Freitag, 18. März 2011

Was noch zu ergänzen ist




Manchmal reicht es dem Mäuschen schon, wenn es verschiedene Käsestücke miteinander zu einer leckeren Mahlzeit kombiniert.

London, 17.3.11 (Kipa) Papst Benedikt XVI. hat drei ehemalige anglikanische Bischöfe, die jüngst zum Katholizismus übergetreten sind, zu päpstlichen Prälaten ernannt. Wie die britische Zeitung "Catholic Herald" (Onlineausgabe Donnerstag) meldet, erhielten Keith Newton (58) und John Broadhurst (68) den Rang eines Apostolischen Protonotars; das ist der höchste kirchliche Ehrentitel für Nichtbischöfe. Andrew Burnham (62) darf sich künftig Päpstlicher Ehrenprälat nennen. (Kipa/Apic)

Kardinal Brandmüller weist darauf hin, „dass der Zölibat der Priester auf apostolischer Tradition beruht“. Zwar seien in der frühen Kirche tatsächlich „verheiratete Männer zu Bischöfen und Priestern geweiht“ worden, doch hätten diese von da an nicht „die eheliche Gemeinschaft“ fortgesetzt. (faz/rv 26.01.2011 sk)

Unbestätigten Informationen zufolge hat er die Prälaten ermahnt, der Praxis der Urkirche entsprechend enthaltsam zu leben bzw. nach Wegen zu suchen, die Gemahlin einer Klostergemeinschaft anzuvertrauen.... denkt sich das Mäuschen dabei.

Von Ostereiern und Dialogen

Eine Mutter erzählt mir von einem Trick, den ihr Mann, gleichzeitig Vater, beim Osterspaziergang anwendet. Um den Kinder diesen ein wenig zu verschönern, nimmt er ein paar Eier mit. In dem Augenblick, wo die Kinder unachtsam sind, wirft er sie auf den Rasen, ins Gebüsch - jedenfalls für ihn in Sichtweise und spornt die Kinder an, die Eier zu suchen. Wenn sie diese nicht sofort finden, gibt er ihnen heiße Tipps. Schließlich bringen sie ihm freudestrahlend, was sie gefunden haben, er steckt sie in den Jackentasche, und nach ein paar Minuten werden die Eier wieder dem fröhlichen Suchspiel zugeführt.

Hin und wieder, so scheint es mir, haben manche den Wunsch, dass Dialoge ähnlich ablaufen. Welche Ergebnisse gefunden werden, natürlich nach langem Suchen, intensiven Gesprächen und vielen Arbeitsgruppen - manchmal stehen die Ergebnisse schon von Anfang an fest.

Ach ja, was wäre, wenn die Kinder plötzlich Ostereier finden, die der Vater gar nicht versteckt hat? Bestimmt sind sie ungenießbar, bestimmt nicht gut für den jungen Körper, wer weiß denn schon, wer diese wohl versteckt haben mag!

Donnerstag, 17. März 2011

Keine Kollekte für Japan?

Bei früheren Katastrophen war es nahezu ein Automatismus: Eine oder spätestens zwei Wochen wurden Sonderkollekten abgehalten, um den betroffenen Menschen zu helfen. Sicherlich werden auch in Japan viele Menschen auf finanzielle Unterstützung angewiesen sein - noch kann niemand die Ausmaße der Katastrophe erahnen. Dennoch: Japan ist ein reiches, wohlhabendes Land, dass durchaus die Kraft besitzt, in den nächsten zehn Jahren den Wiederaufbau zu stemmen und auch den vielen Opfern die materiellen Hilfen zu geben, die sie brauchen.

Vielleicht tut es ganz gut, die Hilflosigkeit auszuhalten und nicht wie sonst nach der Geldspende mehr oder weniger schnell zur Tagesordnung überzugehen. In Osteuropa, wo mehrere Atomkraftwerke geplant sind, sprechen die (mehr oder weniger) verantwortlichen Politiker bereits von Panikmache durch die Medien. Billiger Strom und damit die Steigerung des Wohlstands - beides scheint ein Ziel zu sein, für das man alles in Kauf nimmt."Wir wissen inzwischen, dass unser Planet eine Anhebung des globalen Konsumniveaus auf das jetzige amerikanische und europäische nicht verkraften würde." Robert Spaemann hat das 2008 geschrieben, aber es hätten auch viele andere schreiben können. In diesem Ungleichgewicht steckt der Pudels Kern. Ansprüche zurückschrauben, mehr dafür tun, dass die ohnehin schon riesige Kluft zwischen arm und reich nicht noch größer wird, nur das kann helfen, dass die ärmeren Staaten nicht auf scheinbar billige Weise zu mehr Wohlstand kommen wollen, was früher oder später allen und vor allem den kommenden Generationen teuer zu stehen kommen wird.

Dienstag, 15. März 2011

Ein stärkeres Zeichen

"Hätte es nicht ein stärkeres Zeichen geben können"? fragte gestern eine Journalistin Erzbischof Zollitsch nach dem Bußakt im Paderborner Dom. Und dem soll, so die Süddeutsche Zeitung ein "sicher" herausgerutscht sein.
Denn, so Zollitsch weiter: "An der Vergangenheit werden wir nichts ändern können. Wohl aber werden wir uns in Zukunft neu positionieren. Dazu gehört auch, dass wir uns als Kirche wieder offensiver für wichtige Themen einsetzen wie eine gerechte Weltordung und die Bewahrung der Schöpfung, gerade angesichts der Katastrophe in Japan. Wir werden uns alle um einen bescheideneren, demütigeren Lebensstil bemühen. Weil wir es nicht bei netten Worten belassen werden, haben wir Bischöfe unter anderem beschlossen, dass wir zukünftiglich nur noch Dienstwagen fahren, die schlicht und einfach sind, eben kein gesellschaftliches Statussymbol, und die einen CO2 Ausstoß unter 120 g/km haben, möglichst mit einem Hybrid-Motor, dass wir auch nicht schneller als 120 km/h fahren werden, auch wenn wir vielleicht nicht mehr so viele Termine wahrnehmen können, aber sehen Sie mal, es kommt ja auch nicht so sehr auf uns an, sondern auf das Wirken des Geistes.
Zugegeben, es ist nur ein kleines Zeichen. Doch, glauben Sie mir, für manche meiner Mitbrüder im Bischofsamt ist das schon ein massiver Einschnitt in ihre Gepflogenheiten. Es soll ein bescheidener Beitrag sein, dass wir uns alle bemühen werden, von manchen hohen Rössern runterzukommen und glaubwürdiger zu werden. Weitere, deutliche und konkrete Schritte werden folgen."

Ich gebe zu: Original Zollitsch ist nur das "sicher". Aber vielleicht hat er den Rest ganz leise gedacht.

Montag, 14. März 2011

Alte Visionen

75 Kilometer bin ich in der vergangenen Woche in "der Pfarrei und ihren vier Gemeinden" (um das von "Münster" empfohlene Vokabular zu gebrauchen) unterwegs gewesen: Viel mit dem Fahrrad, manches mit dem Auto. Gottesdienste, Hausbesuche, Besuche in den Kommuniongruppen, eine Krankensalbung, Kondolenzbesuche usw. Bei einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 25 km/h mit dem Auto (immerhin ist Lünen eine Fastgroßstadt mit entsprechendem Verkehr) und 15 km auf dem Fahrrad kommen da schon gut 4 Stunden zusammen. Nein, ich will nicht stöhnen: Ich fahre gerne Fahrrad. Kollegen in der Diaspora oder auf dem "flachen" Land legen noch weitaus mehr Entfernungen zurück, ganz zu schweigen von denen, die jeden Morgen - vielleicht weil sie so preiswert das Häuschen im Grünen gebaut haben - sich zig Kilometer durch Autobahnstaus zur Arbeitsstelle quälen, froh, dass sie überhaupt Arbeit haben.

Aber redlicherweise muss man zugestehen, dass ein "normaler" Gemeindepfarrer mit einer fusionierten Pfarrei sich immer mehr auf zwei oder vier Rädern bewegen muss, fahrend oder oft auch stehend (in Lünen kann man öfters das in Kindertagen beliebte Zuggucken erleben).

Und dann denke ich: Hätte doch unsere Kirche mal auf die Vision eines bereits in den 70er und 80er Jahren überaus renommierten Theologen gehört, welche da (1970) lautete, dass die Kirche im Jahr 2000 "gewiss auch neue Formen des Amtes kennen und bewährte Christen, die im Beruf stehen, zu Priestern weihen" wird. In vielen kleineren Gemeinden beziehungsweise in zusammenhängenden sozialen Gruppen wird die normale Seelsorge auf diese Weise erfüllt werden. Daneben wird der hauptamtliche Priester wie bisher unentbehrlich sein."
Ich wäre mehr in der Seelsorge und weniger mit der Bewältigung von Entfernungen beschäftigt - was nun wirklich nicht das größte Problem in meinem beruflichen Leben ist - aber Kleinvieh macht bekanntlich auch viel Mist... Bleibt die Frage, wer denn dieser Theologe ist ;-)

Samstag, 12. März 2011

Mutiger Pfarrer

Stefan Jürgens, Pfarrer in St. Otger in Stadtlohn und unter anderem früherer Sprecher des "Wort zum Sonntag", machte es am Karnevalssonntag anders als viele seiner Kollegen. Während diese das mehr oder weniger anwesende Volk mit einer Reimpredigt (ebenfalls: mehr oder weniger) erfreuten, bezog dieser ziemlich klar und eindeutig Stellung für das Theologenmemorandum. Eine Zeitlang war die Predigt auch auf der Homepage seiner Pfarrei zu finden, inzwischen aber abgetaucht in die Tiefen des Webs. Die Homepage selbst glänzt vor Ausgewogenheit, beide Petitionen vorgestellt und verlinkt. Zufall oder nicht?
Inzwischen haben die Bischöfe den Dialog ja in aller Munde gelegt, was aber hoffentlich nicht bedeutet, dass zunächst einmal vorgegeben wird, was nun dialogfähig ist oder nicht. Einer von Jürgens Kollegen beim "Wort zum Sonntag", Stephan Wahl, nahm ebenfalls kein Blatt vor den Mund und sprach Klartext, was seinen Bischof allerdings weder zu einem Kommentar noch zu einer wie auch gearteten Handlung hinreißen ließ. Warten wir ab und hoffen wir das Beste....