sicht-wechsel

Freitag, 29. April 2011

Römische Schnelligkeit

Santo subito, rief schon sofort nach seinem Tod das Volk, und der in der Regel schwerfällige römische Kahn, der eher in Jahrhunderten als in Jahrzehnten denkt, wurde richtig flott: Ein Seligsprechungsprozess in fünf Jahren. Welch ein atemberaubendes Tempo, wenn man daran denkt, dass Bischofsernennungen oft ein Jahr dauern und Beschlüsse der Würzburger Synode immer noch auf römischen Tischen schlummern, von ökumenischen Fortschritten ganz zu schweigen (ach, wer hätte das vor 30 Jahren gedacht, dass eher die Berliner Mauer fällt als die Grenze zwischen katholisch und evangelisch).

Das Schicksal fügte es, dass meine Vita einen Schnittpunkt hat mit dem Leben des hl. Philipp Neri. Dieser ist mir wieder im Zusammenhang von "santo subito" in den Sinn gekommen. Das Volk verlangte "santo subito" mit deutlichen Worten, doch der römische Kahn blieb langsam. Von einem äußerst schleppenden Prozess berichtet sein Biograph, obwohl Philipp bei postmortalen Wundern nicht geizig war. Und als es dann soweit war, kann sich der Historiker nicht ganz des Eindrucks erwehren, dass seine Heiligsprechnung auch den Zweck hatte, die Lebensgeschichte des Heiligen "stubenrein" zu machen, denn, daran sei erinnert: Seine Späße waren oft dergestalt, dass die kirchliche Obrigkeit sich besser nicht ärgerte, weil ansonsten die Freude des Volkes noch größer geworden wäre. Ein Heiliger jedoch muss selbstredend ein anständiger Heiliger gewesen sein. Heiligsprechung als Biographiesäuberung?

So fragen wir uns: Ist der römische Kahn im Laufe der Zeiten schneller geworden? Nein. Und nochmals nein.
Deshalb fragen wir noch mal: Warum war er dieses Mal so schnell?

Ach, mir geht es nicht ums ultrakonservative Lager, denen der neuen Selige zu progressiv war, mir geht es auch nicht um Heiner Geißler, welchselbiger meint, das hohe Alter bewege vielleicht die Menschen, höflich auf ihn zu hören. Vielleicht schon eher um manche Historiker, die (ach, was für eine verkehrte Welt) die einschlägigen römischen Behörden gemahnt haben, Langsamkeit walten zu lassen, um das Lebenswerk des Papstes angemessen würdigen und werten zu können.

Doch: auch das reicht nicht zur Antwort.  The answer is zweifelsohne blowin' in the wind.
Von der Einsicht mal abgesehen, dass wir, die einfachen Sterblichen, wieder daran erinnert werden: Im Vatikan sind 1000 Jahre wie ein Tag und ein Tag wie 1000 Jahre.

Donnerstag, 28. April 2011

Der Maitre höchstpersönlich

Keine Frage: Es hatte exzellent gemundet, dieses Menü im modernen Stil, sechs Gänge, freilich alles recht übersichtlich, aber dennoch: Eine Hommage an Zunge und Gaumen, vortrefflichste Haut Cuisine, der Obulus von 120 € p.P. - nicht billig, aber preiswert. Gruß an die Küche, an den Maitre de Plaisier, Philéas Gilbert de Hummerbrüstle. Die zuvorkommende Bedienung verspricht, es unverzüglich an den Maitre weiterzuleiten.

Dumm nur, dass unser Feinschmeckerpaar ein paar Tage später erfährt, dass der Maitre während des vollzogenen kulinarischen Hochgenusses gar nicht hinter Topf und Pfanne weilte, sondern es sich auf einer fernen Insel wohl sein ließ - und die Arbeit gemeines schnödes Küchenvolk verrichten ließ. Man sprach vom Etikettenschwindel - und natürlich auch davon, den Anwalt einzuschalten, welchselbiger aber abwinkte: Es habe doch gemundet, und dass ER höchstpersönlich hinter Topf und Pfanne zu wesen und zu walten habe, davon dürfe man nicht ausgehen.

Leider lernen wir daraus etwas sehr banales: Es ist nicht entscheidend, ob's schmeckt, sondern wer kocht. In fusionierten Gemeinden scheint das nicht selten die alles beherrschende Maxime des Kirchenvolkes zu sein. 80. Geburtstag - natürlich der Herr Pfarrer persönlich. Erstkommunion, auch wenn sie fünf oder sechs Mal stattfindet - natürlich der Herr Pfarrer persönlich. Christmette - natürlich der Herr Pfarrer persönlich, 40. Jubiläum der Freizeitgruppe der KAB, natürlich der Herr Pfarrer persönlich, der aber leider noch nicht die Gabe, an verschiedenen Orten gleichzeitig zu sein, mit dem Herrn Jesus Christus teilen kann, sondern freundlich und ein wenig hilflos darauf verweist, dass doch andere Mitbrüder im Dienste ebenso schön und würdig den hl. Feiern vorstehen bzw. die alte Dame erfreuen können. Doch es hilft nichts: Nur wenn der Tisch der Herrn vom Herrn Pfarrer höchstpersönlich zubereitet wird, ist wirklich dafür gesorgt, dass sich das fromme Herz voll und ganz erfreut. Es soll schon Strichlisten geben, wo dessen Präsenz bzw. Nichtpräsenz peinlich genau erfasst wird.

Manchmal wird mir da ganz konservativ ums Herz. Was waren das noch für Zeiten, in denen das Sakrament allein tröstete, erfreute und das Herz erwärmte. Natürlich hatte man auch seine Vorlieben (die in der Regel mehr dem forschen Kaplan als dem gesetzen Herrn Pfarrer galten), aber, so hatte man doch gelernt: Das ist nun nicht soooo wichtig. Oder, um's im banalen Stil des Anfangs zu sagen: Reicht es denn nicht voll und ganz, wenn's geschmeckt hat?

Nein, es reicht nicht.

Und so leiten wir daraus die Regel eins für das frischfusionierte moderne Gemeindeleben ab: Je seltener gewisse Exemplare in der Kirche werden, um so öfter möchte man derer auch teilhaftig sein. Pfarrerzwillinge oder -drillinge sind da klar im Vorteil.

Dienstag, 26. April 2011

Schnelle Norddeutsche

Mit Partystimmung Ostern eingeläutet: An Gründonnerstag begrüßten beim Osterfeuer in Looft über 5000 Besucher feucht-fröhlich den Frühling. .... "Das ist die Party des Jahres,  besser geht’s nicht." Das berichtet die Norddeutsche Rundschau über eine offenbar überaus gelungene und überregionale Aufmerksamkeit errregende Aktivität der örtlichen Landjugend.

Looft liegt bei Scheenefeld, Puls und Reher. Das mal zur Orientierung für alle, die sich in Norddeutschland nicht so gut auskennen. Man sollte es aber. Denn allen Unkenrufen zum Trotz, die die Landjugend üblicherweise für rustikal, erdverbunden, traditionsbewußt und gemütlich halten, haben wir in dieser uns bisher eher unbekannten Gegend die Schnellsten ausgemacht. Osterfeuer am Gründonnerstagabend. Das ist einsame Spitze, wenigstens nach meiner eher zufälligen Internetrecherche. Doch, bevor wir hier ein wenig selbstgerecht katholisch herumspotten - von wegen Tod am Karfreitag und Auferstehung in der Osternacht: Hier finden wir doch ein subtiles, auf den zweiten Blick völlig überzeugendes Beispiel neuchristlicher Solidarität. Da es sich laut Orignalton um die Party des Jahres handelte, welchselbige ihre Spitzenstellung zweifelsohne fröhlichem Alkoholgenusse verdankt, können wir mit ein wenig Phantasie das leidvolle Ende des Festes weiterdenken: Am Karfreitag nämlich herrschte in Scheenefeld, Puls, Reher und Looft sowie in umliegenden Ortschaften solidarisches Leiden, verursacht durch einen kollektiven grausamen  Höllenkater, dieses üble Tier, das für Grauen, Leiden und Grabesruhe sorgt. Doch nichts währet ewig! Denn spätestens zwei oder drei Tage später gibt's in dieser Gegend gewiss viele andere Osterfeuer, mit denen die wiederauferstandenen Dorfjugendlichen den Frühling begrüßen können, befreit vom Kater und vewandelt - halt zu lustig, fröhlich und lebendig hoppelnden Hasen.

Samstag, 23. April 2011

Häschen aus der Grube

Klar. Ostern und kein Hasenfest, wie es mir manche weismachen wollen. So weit ist also der böse Atheismus schon fortgeschritten. Jetzt klauen sie uns sogar Ostern und profanisieren es zum kommerzlüsternen Hasenfest. Na, geht's denn noch? Weihnachten haben sie uns schon längst stibitzt und statt dessen irgendeinen leicht dement krähenden Weihnachtsmann kreiert, Buß- und Bettag haben sie den Halbgeschwistern geklaut und dem schnöden Mammon geopfert, Karfreitag wollen sie tanzen, der Gründonnerstag wird zum Churchgoodbyhappeningsday, und jetzt noch das. Hasenfest. Ungeahnte Abgründe der Geschmacklosigkeit tun sich auf.

Gemach. Wir jammern mal wieder über die Spitze des Eisbergs. Ja, wenn vielleicht nur noch ein Drittel der Deutschen was mit Auferstehung anfangen können und lieber ins namenlose Nichts versinken oder höchstens, zumindest laut Todesanzeige, bis zum Verbrauch des Erbes in den Herzen ihrer Sippschaft weiterleben möchten: Was erwarten wir denn noch? Dass man die letzten Christen unter Naturschutz stellt?

Die ersten Christen waren geschickter. Heidnische Tempelsäulen? Eigneten sich gut für den Kirchneubau. Fest der Sonnenwende? Johannes der Täufer nebst päpstlicher Basilika. Zig andere Beispiele lassen sich finden. Ach, wir haben doch schon längst den Hasen. Im Paderborner Dom als Zeichen der Dreifaltigkeit (von wegen der multifunktionalen Löffel), in der Spätantike Symbol für den schwachen Menschen (Hasen), der seine Zuflucht im Felsen (Christus) sucht. Mal schauen, wieviele Hasen heute abend aus ihrer Grube klettern, in die Kirche kommen und versuchen, ein wenig Auferstehungshöhenluft zu schnuppern. Ist garantiert nahrhafter als die Grillorgie mit exzellentem Fleisch vom Discounter (garantiert kein Hase, der wäre teurer) für 1,99 / kg.

Donnerstag, 21. April 2011

Total fromm

40 % gehen einmal wöchentlich und öfter in "ihre" Kirche, Moschee, Synagoge oder was auch immer, 80 % bekennen sich zu einem persönlichen Gott, 40.000 besuchen jeden Sonntag die Lakewood-Church in Housten, um sich einen charismatischen Prediger anzutun, rund ein Drittel haben schon mal die Konfession / Religion gewechselt, natürlich zu Gunsten einer besseren.
Das sind nur einige Schlagzeilen einer neuen amerikanschen Untersuchung (vgl. SZ vom 21.4.11). Bei solch geballter Frömmigkeit könnte man im Blick auf die eigene Situation schier verzweifeln, ein durch und durch frommes Volk, welches bei maßgeblichen Leuten zuerst und vor allem fragt, wie religiös sie sind - und es eher gleichgültig ist, welcher Art diese Religiösität ist.
Nun lindert der Blick auf die realen amerikanischen Verhältnisse die sich anbahnende Verzweiflung außerordentlich. Prüderie in  Dimensionen, die bei uns selbst in den 50er Jahren nur ein mitleidiges Lächeln provoziert hätte (natürlich mit einer gewaltigen Sex- und Pornoindustrie als Kehrseite), eine unselige Verquickung von Glaubensernst und rechtspopulistischer Parteipolitik - und was Umweltthemen angeht, kann des Sängers Höflichkeit nur noch schweigen.
Es mag etwas flach gedacht sein, aber diese - scheinbare - Widersprüchlichkeit könnte auch hier einen neuen Blickweise nahelegen: Nicht selten machen mir eben nicht die Leute Bauchschmerzen, die nicht religiös sind, sondern die besonders "Frommen".
Die SZ-Überschrift "auch bei Mc-Donalds sprechen sie ihr Tischgebet" assoziert in mir den zugegeben recht alten Witz der Kanibalen, die den Missionar in den Kochtopf gesteckt haben. Dieser betet in seiner Todesangst zum Herrn, er möge die Kanibalen bekehren und zu guten Christen machen. Und: Das Gebet wird erhöht. Die Kanibalen bekreuzigen sich und beten: Komm Herr Jesus, sei unser Gast....

Dienstag, 19. April 2011

Österlicher Rosenkrieg, rein innerkirchlich.

Kurz vor Ostern erleben wir, halb belustigt, halb beschämt, den Rosenkrieg zweier Priester und eines Theologiestudenten. Letzterer, was ja durchaus vorkommen soll, pflegt eine ganzheitliche Beziehung (so nennt man das heute) zu zwei Mitbrüdern, Bruder A und Bruder B, bei denen es mit der Mitbrüderlichkeit nocht schlechter bestellt ist als sonst. Die berüchtigte invidia clericalis, in Normalfällen bezogen auf den Gottesdienstbesuch des Mitbruders der Nachbargemeinde, bezieht sich hier, angeblich ganzheitlich, auf den Angebeteten und Verehrten, worunter ausdrücklich nicht der Herr selbst zu verstehen ist, sondern eben der, der mal dem Herrn dienen will. So weit, so schlicht, so - naja eben. Doch Bruder A., nicht der Bedächtigste und Besonnenste, von osteuropäischem Temperament, wird eifrig und fleißig. Zur eifrig und fleißig, wie ihm ein Innsbrucker Gericht bescheinigte und ihn wegen permamenten Telefonierens und Schreibens von Briefen angeblich unzüchtigen Inhalts zu 1800 € verurteilte. Bruder B, der vermeintliche Konkurrent in der Studentengunst jedenfalls hatte mindestens einen roten Kopf und natürlich ein Gespräch mit seinem Vorgesetzten in Aussicht und der begehrte Theologiestudent kann sich vermutlich eine andere Zukunft planen. So weit, so - naja eben.

Doch bevor man jetzt die Hoffnung haben könnte, dass allmählich das walten sollte, was schon längst angemessen gewesen wäre, nämlich Vernunft und Anstand, der wird jetzt erst recht eines schlechteren belehrt. Denn jetzt geht Bruder A. in die Offensive. Was das Gericht mit 1800 € Strafe belegte, war von ihm nur eine besondere Form der Seelsorge. Gewiss sei die Sachlage damals kompliziert gewesen. Doch um den Studenten hat er sich Sorgen gemacht. Die Anrufe dienten pastoralen Testzwecken. Und seine Beurlaubung durch das Erzbistum München dauert nur solange, bis sein guter Ruf wiederhergestellt ist. Wer anderes behauptet, mache sich auf rechtliche Schritte gefasst!!!

Wie sagt es so schön Hans Conrad Zander: Wenn's einmal abwärts geht, gibt's nach unten hin keine Grenze.

Wirklich kreativ!

Mainz  – Am Gründonnerstag wollen rund 40 Personen in Mainz gemeinsam aus der römisch-katholischen bzw. der evangelischen Kirche austreten.
Sie haben sich zu diesem Schritt über das soziale Netzwerk Facebook sowie im Internet verabredet, teilt der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten mit. Er unterstützt den kollektiven Kirchenaustritt. Mitorganisator David Häußer (Mainz) sagte gegenüber idea, dass sogar mehr als 80 Personen hinter der Initiative stünden. Sie wollten ein Zeichen gegen die Kirche setzen, die nicht mehr in die Zeit passe. Zwar würden gerne alle Unterstützer aus der Kirche austreten, doch seien einige bei kirchlichen Einrichtungen beschäftigt; sie würden ihre Stelle verlieren. Andere – wie ehemalige Juden und Muslime – seien nie Kirchenmitglieder gewesen. Dennoch begleiteten sie die Austrittswilligen auf den Weg zum Standesamt. Häußer ist zuversichtlich, dass es gelingt, mit der Aktion die Amtszimmer im Stadthaus für einen Tag lahmzulegen. Keine Erkenntnisse habe er über die konfessionelle Zusammensetzung des Aktionsbündnisses: „Das interessiert uns nicht.“ Es sei aber höchste Zeit, den Kirchen den Rücken zu kehren. Häußer war bisher evangelisch. Wie er sagte, hätten sich auch „einige wenige Gläubige“ angeschlossen, die aus der Kirche austreten wollen, weil sie deren Kurs nicht länger mittragen könnten.

Ich habe, da ich ja ein phasenweise nachdenklicher Mensch bin, lange nachgedacht, was die Wahl des Gründonnerstages bedeuten mag: Parallelität zum Abendmahl, insbesondere dem sich entfernenden Judas? Ach, zu viel der Ehre: Die Kirche, egal welche, ist nun wirklich nicht identisch mit der Abendmahlsgemeinschaft der Apostel, und die Austretenden mit Judas gleichsetzen, ach nein, auf eine solche Idee käme nicht einmal der Oberkirchenhardliner.
Wollen sie vielleicht beruhigt in Urlaub fahren, endlich ihr Gewissen erleichtert, dass sie diesen üblen Institutionen nicht mehr angehören? Zu flach, zu billig. Wer aus finanziellen Gründen austritt, der kann entweder den ganzen April Urlaub machen oder gar nicht.
Nein, ich glaube inzwischen etwas ganz anderes: Es ist eine ganz perfide Initiative ultrakonservativer verschworener Erzkatholiken und Erzprotestanten. Sie wollen, wie ja schon angedeutet wurde, das Standesamt lahmlagen, diese üble Einrichtung, die Austrittswilligen so mir nichts dir nichts pfarrernichts ermöglicht, der Kirche den Rücken zu kehren. Ins Bild passt ja auch, dass unter ihnen einige Dunkelmänner und -frauen sind, die offenbar die Kirche als Brötchen- (bzw. Vollkornbrot)geber noch benötigen. Dass diese sich natürlich Sorge machen um die Finanzkraft ihres Arbeitgebers, ist ja mehr als verständlich. Also ein Angriff auf die Einrichtung, die es Austrittlüsternen so einfach macht, die Kirchensteuerzahlungen einzustellen.


War da noch der Mann, der die Post ärgern wollte, indem er Briefmarken aufkaufte, um sie nachher billiger weiterzuverkaufen. Denn mit diesem Schritt wollte er unmißverständlich demonstrieren, dass man unbedingt das Monopol des Briefmarkenverkaufs aushebeln müsse. Auf geht's, und viel Spaß am Gründonnerstag. Aber hört auf meinen Tipp: Der Standesbeamte macht pünktlich Feierabend. Denn der will entweder in den Urlaub, zur Familie oder in den Abendmahlsgottesdienst.

Sonntag, 17. April 2011

Nix neues aus dem Vatikan

Am 21.4. läuft einer neuer Film über den Vatika an: Francesco e il Papa. Was er zeigt, es wenig spannend - schließlich darf die heiligen Mauern auf direktem Weg nichts verlassen, was nicht vorher sorgfältig begutachtet worden ist. Was er nicht zeigt, ist aber ebenso wenig spannend. Der Produzent Peter Weckert laut kipa:

"Der Wille, das eigene Bild zu kontrollieren, sei im Vatikan eine jahrhundertealte Tradition und auch heute noch sehr stark, sagte Cappellari dazu in einem Interview für das Presseheft: "Sie wissen ziemlich genau, wie sie sich selbst darstellen wollen, und man bekommt schnell den Eindruck, dass die Person des Papstes unerreichbar bleiben soll." Die Kurie wolle das Geheimnisvolle, welches Papst und Vatikan umgibt, um jeden Preis bewahren.
   Von indiskreten Kamerablicken abgeschirmt bleibt deshalb im Film, als sich der Papst vor einem Spaziergang seiner roten Schuhe entledigt, um Wanderschuhe anzuziehen. Gar nicht erst gedreht werden durfte eine vorgesehene Begegnung des Papstes mit seinem Bruder Georg Ratzinger im Garten von Castel Gandolfo - aus ästhetischen Gründen, wie es hiess, denn damals trug der Papst einen Gips, nachdem er sich die Hand gebrochen hatte."

Fällt mir nur noch der Witz über eine besonders keusche Nonne ein, die in den sechziger Jahren in der Volkschule vor Kindern den Priesterstand in höchsten Tönen verklärte. Worauf ein Kind die Nonne fragte: Muss denn ein Pfarrer auch Pipi? Die Nonne darauf, selbstverständlich leicht errötend: Ja. Aber nicht so oft.

Samstag, 16. April 2011

Der fromme Trainer

Wenn ein Trainer seinen Hut nimmt oder, was jetzt häufiger geschieht, seinen Hut nehmen muss, dann liegen die Gründe in aller Regel im Erfolg oder in Finanzen, was beim Fußball in den oberen Ligen fast immer dasselbe ist. Etwas ungewöhnlich ist das, was man bei Schäfer, dem durchaus nicht erfolglosen Trainer vom 1. FC Köln vermutet. Enge Vertraute jedenfalls meinen, ihm gingen folgende Gedanken durch den Kopf: "Will ich jeden Tag in der Zeitung stehen? Hinter dem Geld herlaufen? Damit beschäftigt er sich." Das jedenfalls kündet die Süddeutsche.
Nun ist der Zusammenhang zwischen Fußball und Religion weder neu und oft beschrieben: Das Gemeinschaftserlebnis im Stadion einschließlich ritueller Gesänge, der apokalyptisch anmutende Kampf zwischen gut und böse, die Heiligenverehrung (mit dem Unterschied, dass man zu Verehrungszwecken im Christentum erst einmal tot sein muss, während das beim Fußball in den meisten Fällen hinderlich ist), die spezielle Kleidung, mit der man sich zum Ritus versammelt (für die jüngeren Leser: Früher kleidete man sich zum Kirchgang entsprechend) und vieles mehr.
Neu ist, dass die Religion fürs Fußballgeschäft hin und wieder hinderlich ist. Wäre doch auch mal was für einen wackeren Fan, wenn die totale Begeisterung für seinen Verein ihn, sagen wir es vorsichtig,  in den Augen eines Außenstehenden höchst ungewöhnlich benehmen lässt.

Mittwoch, 13. April 2011

Bishop's comeback

"Wie freute ich mich als man mir sagte, zum Haus des Herrn werden wir pilgern" kündet der Beter des Ps. 122. In gleicher Freude kündet Bischof i.R. Mixa, dass auch er nach langer Zeit des Schweigens und der inneren Einkehr wieder pilgern wird: wie ein mittelalterlicher Wanderbischof: auf zu den Herzen der Jugendlichen (immerhin: Damit kennt er sich aus, schließlich lag ihm das Schrobenhausener Waisenhaus besonders am Herzen). Nun fragt der erfreute Hörer dieser Ankündigung, was denn mittelalterlich sein wird: Die Botschaft? Nun ja, um, nun sagen wir mal, plakative Aussagen war Herr Bischof i.R. nie verlegen. Das Wandern? Ist eigentlich, dem Volksgesang zufolge, des Müllers Lust, doch der residiert in Regensburg und wäre gewiss gern nach München gewandert. Jetzt wird er sicherlich voller Freude seinem wandernden Bruder Kost und Logis gewähren.
Was also sonst mag noch mittelalterlich sein? Ach, darüber schweigt der Kirchenmaus' Höflichkeit, will allerdings nicht bestreiten, dass Herr Bischof i.R. Mixa sich in dem einen oder anderen mittelalterlichen Brauch in und außerhalb der Kirche möglicherweise gut auskennt, auch wenn die neuerdings gewollte römische Transparenz  ab Etage Bischof nur eine relative geblieben ist.
Den Pilgersegen erhält er - na, von wem wohl? - von Kardinal Marx. Der, wie zu vermuten ist, sich besonders freut, dass sein Bruder pilgern wird, von einem Haus des Herrn zum nächsten und immer wieder zu den Herzen der Jugendlichen.
Das also, die Überraschung ist gelungen, ist der bischöfliche Beitrag zum Dialog. Die Kirchemaus freut sich schon jetzt. Auf geht's, Herr Bischof!

Montag, 11. April 2011

Die Weisheit des Kardinals

Beim traditionellen Kölner Schweigegang am Wochenende hat Joachim Kardinal Meisner vor falschen Akzenten in der Kirche gewarnt. Es gehe nicht um „Kirchensteuer, gesellschaftliche Akzeptanz oder eine bessere Presse“, sondern darum, „alleine auf Gott“ zu setzen. „Ein Gebot der Stunde heißt für uns: Gott glauben“, sagte der Kölner Erzbischof bei seiner Predigt am Samstagabend (09.04.2011) vor den Kölner Männern, die zuvor an der Wallfahrt teilgenommen hatten.

Es mache ihn „froh und glücklich“, so Meisner, „dass Gott ist“. Gottesliebe und Glaubensfreude würden das einzige Brot sein, „das die Christen von morgen und übermorgen noch satt machen wird“. Die Freude am Glauben sei unsere Stärke. „Unser Elend liegt so oft daran, dass wir Gott nicht mehr schmecken.“ (Domradio, 10.4.11.)


So ist es. Denn 180.000 Ausgetretene bedeuten zur Zeit noch nicht, dem Herrn (oder vielleicht doch nicht dem Herrn?) sei Dank, dass die Kirchensteuermittel zurückgehen. Vorläufig zumindest nicht. Die gute Konjunktur macht's. Und wenn sie zurückgehen? Ach, was brauchen wir denn Kirchensteuern. Geld macht doch nicht glücklich. Natürlich brauchen wir auch keine gesellschaftliche Akzeptanz, sollen sie sich doch in den Talkshows das Maul zerreißen, was kümmert's den Mond, wenn ihn ein Hund anbellt - leider gibt es immer noch ein paar Verzahnungen, weswegen man bei der bösen Gesellschaft Klinken putzen muss, und wenn man nur den Stadtrat davon überzeugen möchte, dass ein katholischer Kindergarten nicht die schlechteste Einrichtung ist, und auch ansonsten erwarten wir vom Staat, dass er so manche kirchlichen Projekte finanziell fördert, einschließlich einiger staatskirchenrechtlich vereinbarter Stellen an den diversen Domplätzen.

Ach, und die gute Presse: Sollen sie sich doch das Maul zerreißen und uns kritisieren bis der Griffel bricht. Unsere Leute lesen die Kirchenzeitungen
.
Unbestätigten Angaben zufolge haben die deutschen Bischöfe beschlossen, dass alle kirchlichen Einrichtungen keine staatlichen Mittel mehr annehmen dürfen und an die Stelle der Kirchensteuern freiwillige Gaben der Gläubigen treten werden.  Zudem werden sie in keiner Talkshow mehr auftreten und keiner Zeitung (außer der Kirchenzeitung und der Deutschen Tagespost) mehr Interviews geben. Schließlich geht es wirlich in diesen Zeiten darum, allein auf Gott zu setzen.

Mittwoch, 6. April 2011

Ist's ein Wunder des Seligen?

"Ahaus: Die Pläne für eine große Fusion der Pfarrgemeinden in Ahaus, Wüllen und Wessum sind vom Tisch. Mit Freude und Erleichterung haben die Vertreter der Pfarrgemeinden auf die Nachricht reagiert, die am Dienstagabend Vertreter des Bistums überbrachten. In Wüllen und Wessum läuteten anschließend sogar die Glocken." (Münsterlandzeitung, 6.4.2011).

Bleibt Frage eins: Werden jetzt mehr Gemeinden eine Wallfahrt nach Münster, zum seligen Löwen, unternehmen?  Denn wer wirklich, in seinem Herzen fromm und gläubig ist, kann nur sagen: ER hat geholfen. Seliger Clemens August, wende ab von uns Fusionitits und andere unappetitliche Maßnahmen.
Bleibt Frage zwei: Werden die Coesfelder, von ähnlichen zweifelhaften Perspektiven geplagt, ebenso machtvoll von ihrer Lokalheiligen unterstützt werden (Anna Katharina Emmerick)?
 
Was den Schluss zulassen würde, dass die Münsteraner Fusionitis tatsächlich ein ganz anderes Ziel verfolgt: Welcher Heilige, welcher Selige in unserem Bistum ist der / die Mächtigste? Verbündet sich inzwischen der Himmel gegen die Verwaltungspläne? Oder sind die Pläne so gestrickt, dass selbst der Himmel ein wenig knurrt?

Fragen über Fragen. The answer, my friend, is blowing in the wind.


Krise. Andauernd

Über die schwergewichtige Frage "Wie wollen wir seelsorglich einer katastrophalen Entwicklung vorbeugen?" diskutieren mehr oder weniger bekannte Autoren die aktuelle Kirchenkrise. Man müsse sich darüber klar sein, dass bei sehr vielen Katholiken, bei allem äußeren Mittun, im Inneren ein großer Hohlraum enstanden ist. Wir alle sollten uns, und das sei das Wichtigste, endlich über den eingetretenen Substanzverlust nicht mehr hinwegtäuschen.

Einige Jahre, bevor die erwähnte Diskussion in einem Heft erschienen ist, machte der Bischof bereits darauf aufmerksam, was für ihn das dringendste Problem ist: Der Priestermangel sei seine "größte Sorge", denn der Nachwuchs reiche gegenwärtig für die "Sicherung einer normalen Entwicklung" der Diözese nicht mehr aus. Das starke Nachlassen der Schwesternberufungen sei katastrophal.

Spannende Frage: In welchem Jahr diskutierten die Autoren die beschworene Kirchenkrise?
In welchem Jahr schrieb welcher Bischof den Hirtenbrief?


Die Zahlen sind: 1955 und 1952. Der Bischof hieß Michael Keller.

Wenn sich also auch vieles in der Kirche verändert: Auf die Dauerkrise, da kann man sich verlassen.

Montag, 4. April 2011

Die aufpolierte Speisekarte

Manche ehemaligen, rustikalen Gaststätten, die zu Restaurants mutiert sind, haben im Rahmen einer gründlichen Imageverbesserung auch ihre Speisekarte aufpoliert. Da bekommt man dann plötzlich irgendeine Meeresspezialität (früher: Fisch) an (!) irgendwelchen wohlklingenden Sößchen in aufgestylten Gemüsebeeten, das alles noch mit italienischen Wortbröckchen garniert  - ich gebe zu, ich bekomme die Formulierungen nicht so richtig auf die Reihe, weil ich ohnehin ahne, was das schließlich heißt: weniger auf dem Teller für mehr Geld. Deshalb lese ich mir das auch schon alles nicht mehr durch, sondern gehe lieber zu meinem derzeitigen Lieblingstürken, wo ich mir in der Vitrine anschauen kann, was er aktuell zusammengebrutzelt hat.

Allen, die sich in den letzten Jahrzehnten gemüht haben, das Image unserer mehr oder weniger geliebten alten Dame, Mutter Kirche zu verbessern, hat der Soziologe Detlef Pollack mächtig eins vor den Latz geknallt. Nützt alles nix. Die vielfach behauptete außerkirchliche Religiösität, für die sich die alte Dame so schick und attraktiv machen möchte, existiert überhaupt nicht. Wer überhaupt noch glaubt, der glaubt auch an einen Gott als Person statt als höheres Wesen und trägt sich zumindest mit der Absicht eines regelmäßigen Kirchenbesuchs. Ob der "Laden brummt" oder nicht, liegt nicht an Aufhübschungsversuchen, sondern an "externen Faktoren": Je demokratischer, je rechtsstaatlicher und je wirtschaftlich effizienter Gesellschaften sind, desto schwächer ist ihre religiöse Bindung.


So weit, so - na, was? Gut oder schlecht? Erstens, liebe Kirchenleute, mich eingeschlossen: Nehmt euch nicht so wichtig. Zweitens: Macht eure Arbeit. Seht zu, dass die Leute was Anständiges auf den Tisch bekommen. Drittens: Jammert nicht so viel. Mehr wäre nicht zu tun. Aber heute muss man ergänzen: Weniger auch nicht.

Freitag, 1. April 2011

Warum nur ist heute der 1. April

Kirche und Leben, Wochenzeitung im Bistum Münster:

"Kaum komplett, steht der münsterischen Bistumsleitung womöglich eine Änderung bevor. Offenbar wünscht der Vatikan einen "Weihbischof aus der Weltkirche" unter Münsters Bischöfen. Aus dem Weltrat für innerkirchliche Gerechtigkeit verlautet, Münster solle sein Bischofskollegium nach dem Vorbild von Priestern für die Weltkirche im neuen münsterischen Stellenplan auch durch einen Weihbischof aus der Weltkirche bereichern. Das bedeute die Chance, von Erfahrungen anderer zu lernen...."

Ach, warum kommen gute Vorschläge oft am 1. April....

Ach ja, die Demokratie

"Kardinal Joachim Meisner hat erneut das Reformpapier von rund 300 Theologieprofessoren aus dem ganzen deutschsprachigen Raum kritisiert und zugleich die Gegenpetition der Initiative "Pro Ecclesia" gelobt. Während die Forderungen der Theologen "im Grossen und Ganzen auf eine Demokratisierung und Säkularisierung der Kirche hinauslaufen", zeige die Petition "geistlichen Tiefgang und Gespür für die Kirche", erklärte der Kölner Erzbischof am Montag. Er setze sich nach Kräften dafür ein, dass die Bitten von "Pro Ecclesia" nicht ungehört verhallen.".

... denn Demokratie in der Kirche, das weiß jeder richtige Katholik, ist was ganz Schreckliches. Die Mühen, die man aufbringt, ein paar Kandidaten zu finden, die sich noch für den Pfarrgemeinderat aufstellen lassen. Die ganze teure Werbung, um noch ein paar Leute zu mobilisieren, dieses Gremium auch zu wählen. Den Ärger, den man sich als Pfarrer mit seinem Kirchenvorstand einhandelt, der manchmal so frech ist, der Weisheit des Geweihten zu widersprechen. Nicht zu vergessen diese Priester- und Diakonenräte, Diözesanräte und Kirchensteuerräte, Diözesanforen, Synoden und wie das alles heißt. Vor allem die Kardinäle, die, wie man hört, hin und wieder nach gewissen Regeln der Demokratie den Hl. Vater wählen!

So erwarten wir also eine Reform von oben: Der nächste Papst wird nicht mehr in tage- und nächtelangen Sitzungen gewählt (ohnehin: welch böses Wort), sondern: Durch Losentscheid! Womit die Kirche so zu einem echten Vorbild für andere gesellschaftliche Gruppierungen werden könnte....